Törnbericht der „Lucky Star“ mit Skipper Olaf Germelmann

Liebe Kameraden. Ich war mit zwei verschiedenen Crews auf der Ostsee unterwegs. Bei der ersten Etappe waren die Kameraden Mario Rothermund, Peter Kaiser und mein Kumpel Bernhard Zerbst dabei. Nach zwei Wochen gingen die Jungs von Bord und Anika stieg zu. Wir kamen insgesamt von Berlin über Stettin, Swinemünde, Sassnitz, Klintholm, Gedser, Burgstaaken, Laboe nach Großenbrode. Dort erfolgte der Wechsel und Anika und ich segelten nach Grömitz und Travemünde, machten dort eine knappe Woche Strandurlaub und kamen über die Kanäle von Lübeck über Lauenburg, Wolfsburg, Brandenburg nach Berlin zurück. Das waren rund 680sm, davon etwa 300 unter Segeln und 300 auf dem Kanal.

Es wechselte nicht nur die Crew
Ein Wechsel von Glück und Laune. Wir waren anfangs erheblich vom Pech verfolgt: Nachdem wir ohne Probleme nach Stettin motort waren ging es unter Segeln weiter nach Ziegenort. Dabei mussten wir lernen, dass es neben der Tonne 44 im Fahrwasser flacher als 1,30m ist, und zwar etwa im Abstand von 5m. Wir sind also mächtig aufgelaufen, aber mit dem Schrecken und viel Dieselqualm davongekommen.

Böser wurde es am selben Nachmittag, als der Diesel zu stottern begann und ausging. Und dass leider mitten auf dem Haff bei aufziehenden Schauerböen, beim Segelwechsel und ordentlicher Welle! Wir sind dann unter Segeln nach Ziegenort abgelaufen und nach kurzem Ankern unter Segeln und mit dem Hilfsmotor sicher in den Hafen gekommen. Wir waren heilfroh, dass wir vor der Reise doch noch eine Halterung gebaut hatten, mit der man den Außenborder auch auf See ins Wasser lassen kann. Sonst hätten wir unter Segeln durch die messerscharfen Moorings von Ziegenort gemusst.

Im Hafen fiel zu allem Überfluss noch kurzzeitig die Elektrik aus. Die Stimmung war im Keller. Dann hatte nach längerem Grübeln Kamerad Kaiser die rettende Idee: Wir bliesen mit einer Luftpumpe von unten durch die Kraftstoffleitung in den Tank und bekamen sie so frei. Der Diesel hatte nämlich schöne schwarze Fadenalgen gebildet, die den Tank total dicht machten. Aber dann lief die Maschine wieder. Eine halbe Stunde ohne zu mucken. Also ab aufs Haff am nächsten Tag. (Wenn jemand wissen möchte wo die Algen herkommen und was man dagegen macht, fragt mich, jetzt weiß ich es und bin bereit das Geheimnis weiterzugeben …)

Aber was im Hafen lief, ging nach einiger Zeit in der Welle wieder aus. Zum Glück nachdem wir aus dem schmalen Fahrwasser schon raus waren. Da half nichts mehr. Noch ein mal zurück, und zwar nach Stettin, um Ersatzteile zu kriegen und notfalls wieder nach Berlin zu fahren, denn ohne Welle ging’s ja und einen Hilfsmotor hatten wir notfalls auch. Das wahnsinnigste an dieser Reise war eigentlich unser Entschluss Ersatzteile in Berlin zu kaufen. Man kommt in drei Stunden und 30 Euro hin. Also sind Mario und Berni morgens hin, haben AWN und Auto-Tipp leergekauft und brachten uns abends einen Ersatztank und eine neue Batterie, denn die war auch hin, zum Boot. Vielen Dank noch einmal an Anika und Familie Rothermund für die Hilfe in Berlin.

Luft-Rettung in letzter Minute
An dieser Stelle möchten wir noch einmal Kamerad Nehrlich danken: Wir hatten den neuen Tank gerade eingebaut, da beschlichen mich Zweifel, wie man den denn entlüften sollte. Das ginge ja gar nicht, bauartbedingt. Also alles umsonst und totale Niedergeschlagenheit bei der Crew. Aber da lief durch Zufall Dieter ein. Das war unsere Rettung, denn er konnte uns überzeugen, dass wir den Diesel eigentlich nur noch anzuwerfen brauchten – und dann lief er.
Der Törn war gerettet!
(Und was hätten wir uns ein den Allerwertesten gebissen, wenn wir abgebrochen hätten obwohl wir so kurz davor waren …)

Ab da lief es glatt. Jedenfalls größtenteils
Beim Segeln hatten wir viele schöne Etmale mit raumem Wind, so dass wir sehr viel Spi segeln konnten. Auch die Selbststeueranlage (Typ Windpilot) hat sich mal wieder gelohnt. Sie arbeitete zuverlässig auch vor dem Wind, wenn wir Schmetterling fuhren. Die Männercrew war jetzt richtig segelwütig und sprang sofort aufs Vorschiff, wenn ein Segelwechsel geringe Chancen auf mehr Speed versprach. Wir waren stolz wie Bolle als wir unter Spi unseren Rekord von 8,5kn im Durchschnitt aufstellten (so schnell war dieses Schiff noch nie!) und viel modernere und größere Yachten versägten. Wir haben viel gelernt, leider auch, wie man den Spi verknotet und zum Glück auch, wie man den Knoten wieder rauskriegt, ohne den Spi zu verlieren. Es blieb halt wechselhaft.

Wir ritten also wie die Wilden nach Westen
Wollte der Wind denn gar nicht mehr drehen? In der Kieler Bucht begrub ich vorsichtshalber den Plan, in die Schlei zu fahren, um noch rechtzeitig zurück zu kommen. Also Laboe. Dort einen Tag gewartet und von da gegenan zurück nach Großenbrode, denn der Westwind kam nun doch und war schon in der Nordsee. Leider bedenklich viel davon. Deswegen auch die Entscheidung nicht nach Stettin zurück zu fahren, sondern „nur“ Richtung Lübeck.

Crew-Wechsel
Stettin adé – „Plan B“ wie Badeurlaub. Das kam auch der neuen Crew Anika sehr gelegen, die bekennende Dauerbaderin ist und sich Strandurlaub wünschte. Darauf musste sie aber noch ein wenig warten, denn der Wind drehte jetzt auf Südwest und frischte von Tag zu Tag mehr auf. Als wir schließlich sicher im Passathafen lagen, pfiff es tagelang wirklich bedenklich und wir waren froh, nicht raus zu müssen. Leider konnten wir aber nicht nur urlauben. Ich musste auch mal zum Zahnarzt, weil mir ein Stück Zahn weggebrochen war.

In Lübeck konnten wir die Leihrettungsinsel bei AWN zurückgeben, was mächtig Geld gespart hat. Wir haben das schwere Ding auf einem Handwagen hinter dem Fahrrad hergezogen. Billiger als ein Taxi, aber das mache ich nie wieder, denn es war auch echt schweißtreibend.

»Canale Grande« oder: Langeweile mit Schleusenstress
Der Rückweg über den Elbe-Lübeck Kanal war schön wie immer. Das kurze Stück Elbe danach hatte es allerdings in sich: Es stand ein stürmischer NW-Wind gegen die Strömung. Alle Motorboote, die mit uns geschleust hatten, kehrten sofort um, denn man musste richtig gegen die Welle anstampfen. Der Elbe Seitenkanal war langweilig wie immer. Der Mittellandkanal hässlich wie immer. Also nichts weiter der Rede wert, außer der Hektik an den Schleusen und dem Hebewerk, die sich wohl nie legen wird, solange die Schleusenwärter immer neue Überraschungen parat haben (wie z.B. einen erst an den hintersten Futzel Kaimauer komplimentieren, an der man die Ansage nicht verstehen kann, so dass einer neben dem Lautsprecher Wache halten muss, und dann mächtig drängeln, dass man endlich einfahren soll, obwohl ein Crewmitglied einen rasanten Spurt zum Boot hingelegt hatte und ein anderes währenddessen schon quasi ablegte und wir mit vollem Hafer auf die Schleuse zu hielten. Anm. von Anika.)

Eine löbliche Ausnahme ist die Schleuse hinter Magdeburg und der Kanalbrücke. Hier bekamen wir durchgegeben wann wir dran sind, auf welche Seite wir fahren sollen und sogar, welchen Schwimmpoller für uns ist. Warum nicht immer so?
Positiv auch Schleuse Brandenburg. Nach einer präzisen Durchsage „wann-wo-was“ hielt der Wärter ein Schwätzchen mit uns in der Schleusenkammer und wir bekamen eine Horrorstory nach der anderen von Charterbooten mit Skipern ohne Führerschein erzählt. Es soll sogar eine Fotosammlung geben – gut, dass wir hier allein waren.

Zwei Häfen und das Finale
Wittingen und Genthin. Potsdam und Berlin. Was andere auch interessieren könnte ist, dass der kleine Hafen Wittingen auf dem ESK, der normaler Weise 1,50m tief ist, diesmal für uns zu flach. Wir standen die halbe Nacht auf Lehm. Abhilfe brachte da ein mächtiges Gewitter mit viel Regen. Es hat aber auch so geweht, dass wir sehr froh waren, eine lange, lange Spring quer über die Hafenecke gespannt zu haben. Sonst hätte die Spundwand uns wohl zerbröselt.

Außerdem möchten wir noch eine Empfehlung für den kleinen Sportboothafen Genthin am Elbe-Havel-Kanal loswerden. Wer sich hier reingefädelt hat, findet einen sehr netten Hafenmeister und ideale Versorgungsmöglichkeiten genau neben dem Hafen: Tankstelle, mehrere Supermärkte, einen leckeren Chinesen.

Hinter Brandenburg haben wir uns noch einen Ankertag in einer netten Bucht der unteren Havel geleistet. Dafür haben wir Konzertkarten verfallen lassen, die in Berlin auf uns warteten. Das würden wir auch immer wieder machen, denn es war ein wirklich schöner Abschluss.

Mast und Schotbruch Euch allen,
Euer Olaf.