Von Karsten Krüger

Die Saison neigte sich dem Ende und es waren noch zwei Vari Regatten offen. Da unsere Mitstreiter von der Möhne immer so tapfer nach Berlin kommen und sich in Tegel über die Dreher ärgern, wollten wir das umgekehrt auch mal auf der Möhne machen. Soll eine Klasse bestehen, dann beruht das auf Gegenseitigkeit.

Der Plan sah also vor, dass wir mit der Variable und der Ach Herr Je zur Kehraus Regatta an die Möhne fahren und dann die Ach Herr Je dort 14 Tage bis zum Eisarsch stehen lassen. Weil unsere Vorschotleute Ute und Andreas zum Eisarsch bereits im wohlverdienten Urlaub sein würden, wollte Cordula mich als Schotten verpflichten…doch, ihr könnt es euch sicher denken, es kam alles ganz anders.

Die Anreise zum Kehraus haben wir kurzerhand auf Samstag früh verschoben, da am Samstag erst um 14:00 Uhr (!) der erste Start des Tages erfolgen sollte. So hatten wir am Freitag etwas mehr Zeit, um unseren ganzen Trödel zusammen zu suchen und wir konnten uns auch eine kalte Nacht im Auto ersparen. Wegen des Feiertages zum 3. Oktober war im näheren Umkreis der Möhne keine Unterkunft zu bezahlbaren Preisen mehr zu bekommen. Der Sprit für die Hin- und Rückfahrt alleine sorgte an der Zapfsäule schon für Schnappatmung.

Also Samstag früh um 04:30 Uhr aus dem Bett geschält, die am Vorabend gefertigten Schrippen gegriffen und mit einer Thermosflasche voll Kaffee zum Club, um die Schiffe an zu hängen und los zu fahren. Erster Schock: Der Steckeradapter (7 auf 13 – oder umgekehrt) für die Trailer Elektrik war weg! Zum Glück hatte Ute noch einen Adapter für uns übrig und es konnte fast pünktlich um 05:15 Uhr los gehen.

Mit dem Trailer der Ach Herr Je durften wir 100 km/h fahren, der geborgte Trailer für die Variable hatte leider keine 100er Zulassung. So sind wir dann mit der Ach Herr Je schon mal voraus gebrettert und standen dann kurz hinter Bielefeld auf der A2 im Stau. Wir haben die Steffenhagen Nachhut gewarnt und bei Herford von der Autobahn gelotst. Es reicht ja aus, wenn ein Schiff im Stau wertvolle Zeit vertrödelt. Somit war unser recht komfortabler Zeitpuffer auf 0 zusammen geschnurpelt und es wurde dann mit Wassern, Mast stellen und Umziehen doch etwas hektisch. Unnötig zu erwähnen, dass es dabei Strömen goss. Über unsere normalen Klamotten haben wir dann einfach nur das Ölzeug drüber gezogen und waren dann am Abend schön durchgeweicht. Ich glaube so nass waren wir beim Segeln schon lange nicht mehr.

Bei dieser Wettfahrt nicht zu gewinnen, war keine Schande. War doch eigentlich fast die gesamte Spitze der deutschen Rangliste vertreten. Olaf, Shorty, Mitsch und Andre Teutenberg (viele Ortskundige). Unsere Frauen nicht zu vergessen, die uns am Sonntag mal gezeigt haben, wie und wo genau man auf diesem See segeln muss. Die haben uns allen das Leben ganz schön schwer gemacht. Aber immer der Reihe nach.

Kurze Startverschiebung nach der Aufbauhektik im Regen und dann gings tatsächlich los. Wir waren ganz gut dabei und konnten uns sogar einige Male gegen die Konkurrenz durchsetzen. Der Kurs als sloches war richtungsbedingt recht kurz und Andreas war des Öfteren nach der Leetonne etwas ausser Puste. Weil die Schenkel so kurz waren, fehlten irgendwie die ruhigen Minuten für Meditation und Erholung. Schwert hochziehen und das Achterstag lösen unter Vorwind hab ich mir dann ab der 2. Runde auch gekniffen. Die Zeit reichte dafür einfach nicht aus, man war die ganze Zeit nur am Rödeln. Supergeil war immer der Zieleinlauf, der erfolgte nämlich mit achterlichem Wind unter Spi. Auch hier entstand etwas Hektik, 50m nach der Linie kam schon das Ufer und kurz davor das Kraut…!

Zwischen den Läufen mussten wir zwei mal an Land pausieren, weil eine Gewitterwand mit Hagel und Sturmböen durch kam, nur mit dem Gross sind wir fast umgefallen. Also ich wäre fast umgefallen, Andreas hatte keinen Südwester dabei und hat sich alles von der der trockenen Kajüte aus angesehen. Als wir bei einem Zwischendurch-Bier schon dachten: „Dit wird heut nix mehr.“, riss der Himmel plötzlich auf und wir konnten in zwei herrlichen sonnigen Läufen noch die Segel (und auch uns selber) trocken fahren. Wind war zwar ne stramme 4 mit 5er Kirschen, aber alles im kontrollierten Bereich.

Am Abend gab es dann noch eine schöne Überraschung. Die Leckeeien vom Grill konnten Cordula und ich erst später geniessen, zuerst mussten wir uns nämlich um unseren Plattfuss am Auto kümmern. Der Reifen hinten rechts war platt, zum Glück nur unten. Ich gebe zu, das hat mir wirklich die Laune verhagelt. Eine Möglichkeit nach der anderen, zum Sonntag bzw. am montäglichen Feiertag einen Ersatzreifen zu bekommen, vepuffte. Die Sorgen, wie wir denn am Sonntag nach Berlin kommen sollten, liessen mir keine Ruhe. Wir haben das mit reichlich Bier und gutem Essen ausgeblendet und die Lösung des Problems auf den kommenden Tag verschoben. Der Abend war wirklich sehr nett. Ein warmer Kamin für durchweichte Segler*innen, Freibier bis zum Abwinken und Seemannsgarn mit den anderen Seglern gesponnen. Wirklich alle waren um eine schöne Veranstaltung bemüht.

Frühstück zum Mitmachen am nächsten Morgen und Kaffee gegen die steifen Knochen von der Nacht. Start um 10:30 Uhr und noch zwei Läufe bei ähnlichen Winden wie am Samstag. Der letzte Lauf bekam noch eine Runde spendiert, es war ja noch früh am Tag und der Wind war super. Leider haben wir den richtigen Einsprung nicht geschafft und waren am Ende Letzter des führenden Trios. André hat es dann Dank der Damen noch knapp vor Olaf geschafft. Wir wurden 3., die Frauen haben zwei super Läufe hingelegt und belegten knapp hinter Shorty Platz 5.

Nach der der Wettfahrt ging alles recht fix. Mast umschmeissen, Slippen, Boot vertüdeln und Preisverleihung war innerhalb von 90 Minuten erledigt. Da wird eben nicht lange rumgeeiert. Ran, zack, weg. Sehr gut! Die Ach Herr Je haben wir ja wegen der noch anstehenden (wirklich letzten) Eisarsch-Regatta am Steg liegen lassen und so mussten wir nur die Clubvari wieder mit nach Berlin nehmen.

Ach ja, der platte Reifen war ja noch. Wir haben bei uns im Auto kein Reserverad vorgefunden, so etwas läuft heutzutage unter dem Begriff Extra und muss teuer bezahlt werden. Nur so ein Reifen-Reparatur-Kit war zu finden, aber immerhin mit einem 12V Kompressor! Jens Wehrenbrecht hat uns eine Tube Baukleber überlassen. Ich hab dann die Schraube, die für den Platten verantwortlich war, lokalisiert und sie dick mit dem WSG (Wehrenbrecht-Super-Glue) eingeschmiert. Anschliessend das Sch…ding bis zum Anschlag wieder in den Reifen geschraubt und das flüssige Gummizeug aus dem Reparatur-Kit in den Reifen gefüllt. Danach schnell mit dem Kompressor etwas aufgepumpt und zügig in Richtung Tanke losgefahren damit sich der flüssige Gummi im Reifen verteilen und seine Arbeit machen konnte. Den Tank für die Rückfahrt wieder voll gemacht, kurz die Tränen weggetupft und den Reifen mit einem anständigen Kompressor unter Druck gesetzt. So sind wir dann mit sparsamen 5 Litern auf 100km mit Tempo 80-90 km/h ganz vorsichtig und umsichtig nach Berlin zurück gekullert. Der Reifen hat übrigens super gehalten, das Auto hat ja so eine Überwachungsfunktion für den Reifendruck. Die hatten wir an der Tankstelle nach dem Aufpumpen resettet und die ganze Fahrt über mit Argusaugen beobachtet, nix, kein Mucks! In anderen Ländern der Welt wäre man damit noch 15 Jahre weiter gefahren oder hätte überhaupt erst eine Schraube zum Abdichten in den Reifen hinein gedreht. Wir haben uns entschieden, doch einen neuen Reifen zu kaufen. Nach Einfüllen des Flüssiggummis kann man die Reifen meist wegschmeissen (das Zeug löst den Reifen an, um vernünftig abzudichten)…ich brauchte beim Reifenhändler meines Vertrauens dann noch ein paar Taschentücher…160€ kostete der neue Pneu.

Die Zeit verstrich und wir haben in den Online Versandhäusern nachgekauft, was uns beim Camping zum Kehraus so gefehlt hat. Wir wollten ja nicht wieder da stehen wie die Friseure und uns alles zusammen borgen (Danke Shorty für die Rampen und den Strom). In der Woche vor dem Eisarsch hatten wir nicht nur endlich alles zusammen sondern uns auch noch einige Corona Viren eingefangen. Cordula, Felix und ich waren positiv und die Regatta musste leider ohne uns stattfinden. Das war richtig ärgerlich, hatten wir uns doch so gut vorbereitet und uns so sehr auf die Regatta an der Möhne und auf ein Wiedersehen mit den Anderen gefreut. Shit!

Alles ärgern nützte nichts und am Ende haben wir es Corona gezeigt, Reste vom Husten sind noch übrig, aber es sind alle wieder negativ. Am vergangenen Sonntag haben wir die Ach Herr Je wieder nach Berlin geholt. Taschentücher an der Tankstelle…ihr wisst schon.

Danke an die vielen lieben Kameraden für den Support mit unserem Plattfuss, danke für die tolle Veranstaltung und danke für die vielen schönen Dreher. Wir haben uns wie zu Hause gefühlt 😉

VG
Karsten

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