Von Michael Dzembritzki

Skipper Gerdi, Fränki mit Frau Karin, seine Tochter Vanessa mit Freundin Bianca und auch wir (Marion und Michael) haben uns Anfang des Jahres zum gemeinsamen Törn vor Mallorca verabredet. Fränki hat alles organisiert, d.h. Flüge gebucht, mit Gerdi das Schiff gechartert und wir mussten eigentlich nur noch raufsteigen und lossegeln. Klasse! … mit so`ner Experten-Crew, da läuft alles wie am Schnürchen,…dachte ich!

Leider gab’s bei mir schon die ersten Schwierigkeiten, denn entgegen meiner Planung konnte ich aus beruflichen Gründen nur 4 Tage (3 Nächte) dabei sein, hatte natürlich bei Fränki ´ne ganze Woche buchen lassen und musste alles wieder rückgängig machen. Vanessa und Bianca sind noch für uns eingesprungen.

Weiteres „Störfeuer“ gab es für uns, denn ausgerechnet an unserem Reisewochenende plante unsere Tochter Julia ihren Umzug. Also mein schlechtes Gewissen beruhigend versprach ich meiner Tochter „… naja, vielleicht kann ich Dir ja noch am Donnerstag und Freitagabend helfen, bevor wir nach Palma fliegen“ ….. die Chance wollte ich natürlich nutzen, schließlich ziehen die eigenen Kinder nur einmal aus dem Elternhaus – wenn alles gut geht! … dachte ich.

Meine Mitsegler hatten allerdings am Freitagabend die Gepäckaufgabe am Flughafen Tegel geplant, Treffen war um 21.00 Uhr am Air-Berlin-Schalter. Das brachte mein Umzugsengagement etwas durcheinander und in der Not wird man erfinderisch. Also kam mir der Gedanke, daß meine Freunde doch helfen könnten, nach der Gepäckaufgabe kurzerhand die Möbel in den 3. Stock hochzutragen. Diese Idee hatte Charme … allerdings hielt sich die Woge der Begeisterung bei meinen Mitseglern in Grenzen, zumal man(n) doch um diese Uhrzeit eher gewohnt ist, sich den Bierschaum von den Lippen zu lecken. Nun ja, Fränki, Karin und Gerdi signalisierten ihre Bereitschaft!

Fränki war am Flughafen schon in Urlaubslaune, kam am Air-Berlin-Schalter mit seinen schicksten, karierten, kurzen Hosen anstolziert (sah aus, als wenn er zum Golf-Turnier gemeldet wäre). Skipper Gerdi checkte natürlich als erster ein und widmete knapp über den Schaltertisch schauend seinen liebenswertesten Hush-Puppie-Blick der attraktiven Boden-Stewardess, welche erwiderte: „24 kg Gepäck pro Person sind kostenfrei“. Gerdi atmete erleichtert auf mit einem „ …na prima!“, worauf Sie mit freundlichem Augenaufschlag antwortete:“ … Sie haben aber 26 kg!“ Die sich anschließende Diskussion, ob nicht 26 kg eigentlich auch als 24 kg durchgehen könnten, endete nach einigen Minuten (die sich bildende Schlange hinter uns stand schon den Terminal C entlang fast bis zum Parkplatz!) schließlich mit dem Hinweis „ ….im Übrigen fliegen Sie mit der Parallelmaschine!“… „wie, mit der Parallelmaschine? Wann ist denn Start?“ …. „Na um 6.00 Uhr MEZ !“ „Fränki, hast Du etwa um 6.00 Uhr den Flug gebucht ? … und denn soll ick noch für 26 kg bezahlen? … und warum muss ick mit der Parallelmaschine fliegen?“ die Stewardess blieb cool „ … die erste Maschine ist schon überbucht und somit mussten wir eine zweite Maschine einplanen, beide Maschinen fliegen um 6.00 Uhr!“
Boh eh, dachte ich, den sind wir los, den sehn wir morgen erst in Palma wieder!

Gerdi blickte ungläubig auf sein Ticket …. legte seine Stirn in Falten und fragte: „Fränki, wat isn eijentlich mit meim Rückflug?“ …. Fränki: „wieso?, ick sollte doch für dich nur den Hinflug buchen!“ Gerdi: „Ja aber, wie komm ick denn nach Hause?“, Fränki: „Na, du segelst doch noch zwei Wochen länger, du hast doch bestimmt mit der anderen Crew deinen Rückflug gebucht!“, Gerdi: „ Meinste wirklich?“ … usw, usw., also schon alleine die erste halbe Stunde am Flughafen war vergnügungssteuerpflichtig, allerdings teilten die hinter uns anstehenden Menschen nicht unsere Freude, das zeigte ihr „genervter Gesichtsausdruck“.

Unser Gepäck war nun aufgegeben und Gerdi stellte die Frage: „Sag mal, Fränki, wie kommst Du eijentlich zum Flughafen morjen früh?“ ….Fränki: „Na mit ’ner Taxe!“ …Gerdi: „ Na prima, die fährt doch über die Scharnweber, da kannste mich ja abholen, oder?“.

Gesagt, getan, 5.10 Uhr wurde sich verabredet, es war jetzt alles geklärt. Nun noch schnell in die Müllerstr. gefahren, die Möbel in den 3. Stock hochgetragen und jeder ging seines schicksalhaften Weges.

Nächsten Morgen waren wir schon etwas knapp dran und hechelten zum Flughafen, in der Wartehalle war jedoch keiner der Segelkameraden zu sehen, das machte mich stutzig! … Fränki ist eigentlich immer pünktlich.
Also nutzte ich die Zeit und ging zum Geldautomaten, um noch etwas Reisegeld abzuheben. Gerade meine Karte reingesteckt, die PIN-Nr. gedrückt, den Betrag eingegeben, da klingelte mein Handy. Es war Gerdi „Wo bist’n Du?“ Ich sage: „Na am Flughafen, wo sonst? Du solltest besser auch hier sein!“ …. „Na ick steh hier und warte noch auf Fränki, aber der hat verschlafen. Ick habe gerade bei ihm anjerufen, er schafft´s nich mehr!“ …. Ich dachte, ich hör´nicht richtig. „Sag mal willst Du mich verscheißern?“ …. „Na, mit der nächsten Taxe, die vorbei fährt, komm ick jetzt zum Flughafen !“

Ich sah ganz verdattert auf meinen Geldautomaten, währenddessen der meine EC-Karte genüsslich hin- und herrollte und gerade als ich zugreifen wollte, schluckte der Automat nach dem dritten mal Hin- und Herrollen meine Karte und verschlang diese mit dem Kommentar: „Transaktion wurde aus Sicherheitsgründen abgebrochen, Ihre EC-Karte erhalten Sie bei ihrer Hausbank!!!“

Kein Geld und Karte weg!! …Super, Morgenstund´ hat Gold im Mund! Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt.
Marion saß noch schlaftrunken auf der Bank und hatte noch keine Ahnung, jetzt musste ihre EC-Karte ran, Zeit zum Diskutieren gab´s nicht mehr und dann ging´s schon zum Anstellen ins Flugzeug. Gerdi war immer noch nicht da, aber nach telefonischer Auskunft kurz vorm Flughafengebäude!

Bevor wir dran waren fiel Marion auf, dass wir zwar nach Palma anstanden, aber die Flugnummer unserer Warteschlange nicht mit unserem Ticket übereinstimmte! Nun war klar, wir standen am Gate des Parallelfluges !
Also jetzt schnell geguckt zum Nachbargate, die Fluggäste der anderen Palma-Maschine waren natürlich schon alle „weggeboarded“, wir waren die Letzten! Schließlich hatten wir es geschafft! … und ich konnte sogar dem freundlichen Boden-Steward beim „Boarden“ noch den Hinweis geben : „Da müsste gleich noch einer kommen!“

Wir saßen gerade im Flugzeug, ich hatte völlig vergessen, dass Gerdi ja mit dem anderen Flugzeug fliegen musste, da kam der nette Steward vom Bodenpersonal extra in die Maschine, er war wirklich sehr nett, und fragte mich: „ wann kommt denn nun eigentlich Familie Peters?“ … „Familie Peters?? …äh, na die kommen gar nicht, die haben doch verschlafen!“ …wer noch keinen verdutzten Blick eines Stewards gesehen hat, der sollte mich mal fragen! …. Wenige Minuten später meldete sich der Flugkapitän und kündigte ca. eine halbe Stunde Startverschiebung an. Fluggäste, deren Gepäck schon im Flugzeug verstaut worden war, könnten leider nicht den Flug antreten und nun müsse man erstmal wieder das ganze Gepäck aus der Maschine nehmen und die Gepäckstücke aussortieren. Bitte haben Sie noch etwas Geduld!, … ein Raunen ging durch das ganze Flugzeug, zum Glück waren die Sitzlehnen so hoch, dass ich mich gut verstecken konnte und tarnte mich schnell hinter meiner Tageszeitung.

6.35 Uhr ging´s dann endlich los, Marion und ich genossen bei bestem Wetter die erste Etappe dieses erlebnisreichen Morgens.

Gegen 10.00 Uhr landeten wir in Palma.
Kaum hatten wir Palma-Boden unter den Füßen, kam Marion’s erster „ich muß mal“-Wunsch, den der Flughafen „Palma“ ihr augenblicklich nicht erfüllen konnte auf dem langen Gang zur Gepäckausgabe. Ich hatte mich schon gewundert, weil normalerweise, wenn wir mit dem Auto reisen, dieser Wunsch meistens nach der ersten halben Stunde kommt. Marion hatte diesen Reflex scheinbar für Palma-Airport aufgespart. Ist wahrscheinlich auch in dem Touristengewusel viel interessanter sich an der Damentoilette anzustellen und den Fremdsprachen zu lauschen. Wann hat Marion schon mal die Gelegenheit in einer international besetzten Schlange anzustehen!

Auf das Gepäck wartend, (Gerdi mußte mit der Parallelmaschine schon da sein, weil die nämlich keine Gepäckprobleme hatten!!), rief ich ihn an: „ Na, wir sind jetzt am Gepäckband 45 wo bist´n Du jetzt?“… „ Icke?… na, ick bin noch in Berlin!,… zu Hause!“ … „wieso, ich denke Du warst schon am Flughafen Tegel?“ … „ Ja, aber ick hab´s nich mehr jeschafft und bin denn wieder nach Hause“. … „Du spinnst, oder?, ich dachte Du fliegst dann mit Fränki in der 9.00 Uhr Maschine, warum bist Du denn wieder nach Hause?“ usw., usw., na ja, wir haben das Telefonat beendet, es war aussichtslos, mein Expertenteam hatte sich scheinbar innerhalb weniger Stunden aufgelöst und ich machte mir mit Marion schon Gedanken, wie wir unseren ersten Tag auf Palma ohne diese „Pachulken-Crew“ geniessen können. Ich sagte noch zu Marion: „ … vielleicht steht er ja schon irgendwo und beobachtet uns, hat sich wahrscheinlich schon vor Schabernacksfreude seine Schenkel ganz wund geschlagen, DER ist zu allem fähig!“

Nach langem Warten kam unser Gepäck und eine Stimme aus dem Hintergrund fragte: „ Na, warum kommt ihr´n jetzt erst?“… es war, wie nicht anders zu erwarten,…unser Gerdi !! … ich kann gar nicht mehr sagen, was überwog, …. Wiedersehensfreude oder Würgegelüste, wahrscheinlich Letzteres!

Marions Blase stand inzwischen kurz vorm Zerbersten, Gerdi hatte Kaffeedurst und so zogen wir mit unserem Gepäck ins nahe gelegene Flughafenkaffee und tauschten unsere morgendlichen Erlebnisse aus.
Derweil Marion ihre Blase entspannte, bestellte Gerdi an der Bar im perfekten Spanisch 3 Kaffee bei der schwarzhaarigen Bedienung, währenddessen ich den Tisch freihielt. Es dauerte ein Weilchen und wir erzählten uns schon die ersten Anekdoten des frühen Morgen. Der Kaffee ließ noch auf sich warten, etwas zu lange. Gerdi nutzte deshalb die Chance seine Bestellung nochmals bei der rothaarigen Bedienung zu wiederholen.

Na, ja, wie schon zu erwarten war, mussten wir dann 6 mallorquinische Milchkaffee trinken, die Gerdi zahlte. Danach ging’s zum Bus.

Für 2,50 € fuhr der uns quer durch Palma bis zum Hafen.
Im Bus fragte ich mal (nach einigen Haltestellen) vorsichtig unseren Skipper, ob er denn wüsste, wo wir aussteigen müssen, darauf Gerdi: „ weeß ick och nich, wir starten ja von `nem anderen Hafen als sonst, aber in der Beschreibung vom Vercharterer müssen wa an der Haltestelle 9 aussteigen, dann über die Strasse und dann sind´s nur noch 150 m., … übrigens musst Du dann meine Tasche tragen helfen, weil die is mir zu schwer!“…

Eigentlich wollte ich noch fragen ob er die Stationen mitgezählt hätte, aber wir hatten ja schon einige hinter uns, an einigen hatte der Busfahrer nicht angehalten und eigentlich wussten wir nur, dass wir irgendwo in Palma sind, aber nicht wo! Ich verkniff´s mir,…die Antwort konnte ich mir selber geben.

Nun ja, das Meer ist groß genug, übersehen werden wir es schon nicht, allerdings gibt es eine Marina nach der anderen und somit natürlich auch jede Menge Haltestellen zum Aussteigen. Da bei uns aber alles immer generalstabsmäßig klappt, machte ich mir keine Sorgen.

Unserem Seglerinstinkt folgend stiegen wir nach Bauchgefühl aus, überquerten die Strasse und nun stellte sich die Frage in welche Richtung laufen wir jetzt 150 m? In Anbetracht der schweren Skipper-Tasche (natürlich ohne Rollen, Gepäck für 3 Wochen mit Laptop, GPS-Gedöns und nautischem Besteck) war das schon eine reifliche Überlegung wert. Nach 150 m mussten wir leider feststellen, dass uns der Seglerinstinkt wohl verlassen hatte, der Hafen war nicht richtig! Also wieder 150 m zurück und noch mal 150 m in die andere Richtung. Zum Glück hatten wir 30 Grad und pralle Sonne, also frieren musste keiner!
…. und diesmal waren wir am richtigen Hafen, wer hätte das gedacht, aber das ist eben generalstabsmäßige Vorbereitung und Planung!

Unser Schiff war noch nicht übergabebereit, die Putzkolonne war noch in voller Aktion. Wir ließen unser Gepäck auf dem Steg und schlenderten gemütlich die Promenade an der Bucht von Palma runter, gönnten uns in einem netten Kaffee unterm Sonnenschirm eine Portion Tapas.
Fränki saß inzwischen im Flugzeug, seine Ankunft erwarteten wir etwa gegen 13 Uhr. Wir hatten also noch Zeit und genossen den späten Vormittag.

Um 13.00 Uhr war es dann so weit, alle waren angekommen und die Erlebnisse wurden ausgetauscht.
Fränki und Karin hatten die 9.00 Uhr Maschine buchen können, natürlich zum vollen Preis für Kurzentschlossene! Sie waren auch pünktlich am Flughafen, wurden gleich freundlich von Air Berlin empfangen, Reisende mit VIP-Status werden da persönlich begrüßt. Der morgendlich verursachte Mehraufwand wurde dezent am Rande nur erwähnt, schließlich freut man sich ja über Gäste, die das Sonderangebot „zwei Flüge zahlen und nur einen Fliegen“ nutzen !

Doch selbst als VIP sollte Fränki sich noch ausweisen, was ihn dann doch sehr überraschte! Ein Griff in die Hosentasche ließ die gerade wieder aufkeimende Reisestimmung schlagartig schwinden, die Tasche war leer.

Hatte er doch gar nicht mehr die kurzen Hosen von gestern an … wo der Ausweis drin steckte. Nun aber rasant zum Taxi-Stand, schnell eine Fahrt nach Schulzendorf und zurück, des Taxi-Fahrers Schaden sollte es nicht sein, was kostet die Welt!

Ab 14.00 Uhr konnten wir dann unser Boot entern, eine Bavaria 44 mit ausreichend Platz und sehr guter Raumaufteilung.

Dann ging`s ab in den Supermarkt, 4 große Einkaufswagen Proviant wurden gebunkert, während Gerdi das Schiff mit seinem nautischen Krimskram (Laptop, Plotter, usw.) verdrahtet hat.
Am Spätnachmittag liefen wir aus zu einer kleinen Probefahrt, selbstverständlich nach einer intensiven Sicherheitsunterweisung unseres Skippers.

Es wurde alles ausprobiert, Motor, Segel und natürlich auch die Badeleiter, denn alle hatten sich schon auf den ersten Badespaß gefreut (geschätzte Wassertemperatur 24 Grad !).

Am Abend gab es ein fürstliches Essen, natürlich selbst gekocht aus der Bordküche ansatzlos mündend in einem Trinkgelage mit anschließendem Tiefschlaf.

Am nächsten Morgen, nach intensivem Frühstück, starteten wir Richtung Caprera, …. und man sollte es nicht glauben, … die nächsten Tage liefen wie geplant!

Blauer Himmel, Sonnenschein, 3 Windstärken, kristallklares Badewasser und harmonische Stimmung an Bord.

Es hat uns sehr viel Spaß gemacht. Ich bin gespannt auf unser nächstes Segel-Event ….

Michael Dzembritzki